Rechtsanwalt Kanzlei Schnepper Melcher in Freiburg

Erzbistum muss Schadenersatz bei sexuellem Missbrauch durch Geistliche bezahlen!

Das Landgericht Köln hat in einem jetzt in einer juristischen Fachzeitschrift veröffentlichten Urteil vom 13.06.2023 das Erzbistum Köln u.a. zur Zahlung von Schmerzensgeld iHv € 300.000,00 an einen Mann verurteilt, der Anfang der 70er-Jahre über viele Jahre ua. sexuell von einem katholischen Pfarrer missbraucht wurde. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

Dem Urteil lag der Fall eines heute Anfang 60-jährigen Klägers zugrunde, der von 1972 – 1979 mind. 320 Mal von einem zwischenzeitlich verstorbenen ehemaligen Pfarrer in Diensten des Erzbistums Köln sexuell missbraucht wurde. Der Pfarrer hatte in den 70er-Jahren eine alte Dorfschule gekauft, damalige Messdiener und andere männliche Jugendliche halfen bei der Sanierung der Schule und wurden dort umfangreichst sexuell, psychisch u.a. missbraucht. Seit 1991 arbeitete der betroffene Kläger seine Jugenderlebnisse in einer langandauernden Psychoanalyse auf und zeigt den Pfarrer Ende der 90-er Jahre wegen der Missbräuche an. Er erhielt erstmals 2022 eine Entschädigung von zunächst € 5.000,00 durch die katholische Kirche, später dann infolge der Attestierung einer posttraumatischen Belastungsstörungen, einer Schwerbehinderung mit einem GdB von 50 und anderer Erkrankungen nochmals durch Beschluss der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) weitere € 20.000,00.

Der vom LG Köln jetzt entschiedenen Klage nahm der Kläger das Erzbistum auf die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes mit der Argumentation einer Amtshaftung als quasi öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaft in Anspruch. Diese Klage hat das LG Köln im Juni mit dem oben genannten Betrag stattgegeben. Dabei hat das Gericht ausgeführt, dass ein Pfarrer als kirchlicher Beamter zunächst genauso zu beurteilen sei, wie ein staatlicher Beamter. Da die Missbrauchstaten in Ausübung des Amtes als Pfarrer geschehen sind, habe der Pfarrer gegen Amtspflichten iSd § 839 BGB verstoßen, was unbestreitbar auch vorsätzlich und schuldhaft erfolgt sei.

Ein Schmerzensgeld iHv € 300.000,00 war nach Auffassung des Gerichtes angemessen, da das Missbrauchsopfer in eine psychische Zwangslage gebracht wurde, der Missbrauch und die Vergewaltigungen über einen langen Zeitraum erfolgt sind und dies bei dem Kläger zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat.

Diese erste Entscheidung zur Haftung der katholischen Kirche für jahrezehntelange Verfehlungen ihrer Geistlichen wird weitreichende Folgen für die Amtshaftung der Kirchen, aber auch anderer öffentlich-rechtlich verfasster (sog. „korporierter“) Gesellschaften haben.

(LG Köln, 13.06.2023, Az. 5 O 197/22)