Familienrecht, Scheidung, Ehevertrag - Schnepper Melcher Rechtsanwälte in Freiburg

Wer ist für die Grabpflege verantwortlich?

Ein interessantes erbrechtliches Urteil gibt es von dem Amtsgericht (AG) München aus dem Oktober 2023 zu berichtet: Es hatte sich mit der Frage zu befassen, inwieweit eine testamentarisch angeordnete Verpflichtung zur Grabpflege durch Erbschaft auf andere übergehen kann.

Kläger vor dem Gericht war der einzige Sohn und Alleinerbe einer im Jahr 2018 verstorbenen Erblasserin. Sie wurde auf eigenen Wunsch in der Familiengrabstätte beigesetzt. Die Erblasserin hatte in ihrem Testament ein Vermächtnis zugunsten ihrer Nichte ausgesetzt. Mit diesem Vermächtnis hat sie ihrer Nichte einen Geldbetrag in Höhe von € 8.000,00 zugedacht. Das Vermächtnis wurde mit dem Zusatz „für die Grabpflege“ versehen.

Kläger verklagt Erben der Vermächtnisnehmerin auf Erfüllung der Auflage

Die mit dem Vermächtnis bedachte Nichte verstarb im Jahr 2021. Der Sohn der Erblasserin vertrat die Auffassung, dass die Verpflichtung zur Grabpflege auf die Erben der Nichte übergegangen sei. Mit dem Tod der Nichte sei das Vermächtnis, einschließlich der Verpflichtung zur Grabpflege auf die Erben der Nichte übergegangen.

Kläger fordert Grabpflege bis zum Jahr 2030

Die Erben der Nichte erklärten sich bereit, das Grab bis zum 30.6.2026 zu pflegen. Dies genügte dem Kläger nicht. Da die Erben der Verstorbenen den Abschluss eines Grabpflegevertrages über dieses Datum hinaus ablehnten, verklagte der Kläger die Erben auf Übernahme der Grabpflege bis zum Jahr 2030.

Vermächtnis mit zulässiger Auflage der Grabpflege

Das AG folgte der Argumentation des Klägers insoweit, als die testamentarische Verfügung der Erblasserin auch nach Auffassung des AG als Vermächtnis zugunsten ihrer Nichte auszulegen ist, verbunden mit der Auflage, die Grabpflege für das Familiengrab zu übernehmen, §§ 1939,1940 BGB.

Auflagen können auf Erben übergehen

Eine Auflage ist nach § 1940 BGB dadurch gekennzeichnet, dass Dritte grundsätzlich kein Recht auf die Leistung haben. Nach § 2194 BGB kann der Erbe jedoch verlangen, dass die Verpflichteten die Auflage erfüllen. Nach Auffassung des Gerichts ist die Grabpflegeverpflichtung jedoch nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) auf die Erben der Nichte übergegangen. Grundsätzlich war aber nach der gerichtlichen Entscheidung ein Übergang durch Gesamtrechtsnachfolge denkbar.

Keine Erbrechtsnachfolge bei höchstpersönlichen Auflagen

Nach Auffassung des Amtsgerichtes setzt ein Übergang der Verpflichtung voraus, dass die Auflage keinen höchstpersönlichen Charakter hat und nicht nur die beschwerte Person treffen soll.

Das Gericht legte die Verpflichtung zur Grabpflege jedoch als höchstpersönlich aus. Mit der Verfügung habe die Erblasserin zum Ausdruck gebracht, dass ihre Nichte gerade wegen der familiären Bindung und ihrer besonderen Beziehung zum Familiengrab die Grabpflege übernehmen solle. Ein Wille der Erblasserin, auch ihr unbekannte Erben ihrer Nichte hieran zu binden, sei nicht erkennbar. Es gebe auch keine Anhaltspunkte für einen diesbezüglichen mutmaßlichen Willen der Erblasserin.

Klage abgewiesen

Das Amtsgericht wies die Klage auf Fortführung der Grabpflege ab. Im Ergebnis handelte es sich nach der Bewertung des Gerichtes bei der Auflage zur Grabpflege um eine höchstpersönliche Aufgabe, die nicht gemäß § § 1922 ff. BGB auf die Beklagten übergegangen ist, darauf darf ich als Fachanwalt hinweisen.

(Das komplette Urteil des AG München vom 27.10.2023 zum Az. 158 C 16069/22 kann durch Anklicken hier nachgelesen werden.)