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Auskunftsanspruch über Tierversuche an Universitäten anerkannt!

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat mit Urteil vom 25.10.2023, das erst jetzt veröffentlich wurde, den Anspruch der Tierschutzorganisation PETA anerkannt, von den Universitäten Tübingen und Ulm Auskünfte über dort stattfindende Tierversuche zu erhalten. Damit wurde ein anderslautendes Urteil des VG Sigmaringen aus dem Jahr 2021 aufgehoben.

In einer Pressemitteilung des VGH vom 22.01.2024 Tage heißt es dazu:

Im Juli 2019 hatte PETA dem Regierungspräsidium unter Verweis auf das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) mehrere Fragen zur Genehmigung bzw. Anzeige von Tierversuchen im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Humanmedizin seit Januar 2014 gestellt. Das Regierungspräsidium lehnte den Antrag ab, da die gewünschten Informationen den vom Informationsanspruch freigestellten Bereich der Forschung und Lehre beträfen und diese darüber hinaus geschützte personenbezogene Daten enthielten. Die auf Informationserteilung unter Schwärzung personenbezogener Daten gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17.11.2021 abgewiesen (Az. 8 K 5171/19). Das Landesinformationsfreiheitsgesetz sei nicht anwendbar, weil es nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG gegenüber den beigeladenen Hochschulen in Bezug auf die erbetenen Informationen in Bezug auf ihre Lehrtätigkeit nicht gelte und diese Bereichsausnahme auch gegenüber dem Regierungspräsidium Anwendung finde. Der Schutz der Wissenschaftsfreiheit erfordere eine Einbeziehung des Regierungspräsidiums in den Anwendungsbereich der Vorschrift, da dieses mit den Informationen zu Tierversuchen über besonders sensible Daten verfüge und damit in einer besonderen Nähebeziehung zu den beigeladenen Universitäten stehe. Nicht auszuschließen sei ferner, dass selbst um personenbezogene Daten geschwärzte Informationen Rückschlüsse auf die dahinterstehenden natürlichen Personen zuließen.

Dem ist der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs nicht gefolgt. Der Informationszugang sei weder wegen der Betroffenheit der Lehrtätigkeit der Beigeladenen noch aus Gründen des Schutzes personenbezogener Daten ausgeschlossen. Die Bereichsausnahmevorschrift des § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG stelle ausschließlich die Hochschulen selbst von Informationsansprüchen im Bereich der Forschung und Lehre frei. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Wortlaut der Regelung, sondern auch aus der Binnensystematik des Landesinformationsfreiheitsgesetzes; es entspreche zudem dem in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich zum Ausdruck gebrachten Willen des Landesgesetzgebers. Die Vorschrift dürfe nicht informationsbezogen, d. h. abhängig von den begehrten Informationen, ausgelegt werden, sondern sie knüpfe an den Adressaten des Informationsbegehrens an. Eine funktionsbezogene Erweiterung des Anwendungsbereichs der Bereichsausnahme komme nicht in Betracht, weil das im vorliegenden Zusammenhang als Tierschutzbehörde tätige Regierungspräsidium auch bei funktionaler Betrachtung nicht dieselben Aufgaben wie die beigeladenen Universitäten wahrnehme. Eine enge Nähebeziehung bestehe nicht. Insbesondere könne eine solche nicht aus dem bloßen Vorhandensein ggf. sensibler Informationen abgeleitet werden, da dies einem informationsbezogenen Verständnis der Bereichsausnahmevorschrift gleichkäme. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten mit Blick auf den Schutz der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 20 Abs. 1 LV) sei die Nichtanwendbarkeit der Bereichsausnahme unbedenklich. Der öffentlichen Diskussion müssten sich die Beigeladenen in einem demokratischen Rechtsstaat stellen. Dem Schutz personenbezogener Daten schließlich könne durch Schwärzungen hinreichend Rechnung getragen werden.

Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wurde vom VGH nicht zugelassen. Gegen diese Entscheidung kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

(Das vollständige Urteil des VGH in Mannheim vom 25.10.2023 zum Az. 10 S 125/22 liegt dem Fachanwalt Heiko Melcher vor und kann ggfs. angefordert werden).