Internationales Recht - Rechtsanwaltskanzlei Schnepper Melcher in Freiburg

„From the river to the sea …“ – Kriegsauswirkungen auf die deutsche Justiz

Die kriegerisch-terroristischen Auseinandersetzungen seit vielen Jahre im Levante, der brutale Überfall der HAMAS auf Israel und dessen völkerrechtswidrige Vergeltung im Gaza-Krieg beschäftigen auch mehr und mehr deutsche Gerichte.

Dabei geht es u.a. auch um die Verwendung der Parole „From the rive to the sea – Palestine will be free“ in diesem oder ähnlichen Wortlaut, in englischer, deutscher oder anderer Sprache. Seit dem Oktober des letzten Jahres sind zahlreiche Demonstrationen unter diesem Motto oder mit Parolen diesen Inhaltes angemeldet worden bzw. haben stattgefunden, auch Strafgerichte müssen die Aussage bewerten. Hier streiten auf der einen Seite verschiedene Grundrechte, etwa aus den Art. 5 und 8 GG mit Strafbarkeits- und versammlungsrechtlichen wie anderen Normen.

Verschiedene Verwaltungsgerichte haben dabei in der Vergangenheit behördliche Auflagen, mit denen ein Versammlungsmotto dieses Inhalts oder auch nur das Rufen solcher Parolen untersagt wurde, aufgehoben. So schon frühzeitig in zweiter Instand der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH Kassel) mit Beschluss vom 22.03.2024 (8 B 560/14) sowie jüngst der Bayerrische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) am 26.06.2024 (10 Cs 24.1062). Letzter hat seine Entscheidung u.a. damit begründet, dass es für die Strafbarkeit der Formulierung „Vom Fluss bis zum Meer“ bzw. „From the river to the sea“ auf die Umstände des Einzelfalls ankomme, insbesondere den Kontext der Äußerung und den Organisationsbezug. Ein pauschales Verbot im Wege der Versammlungsbeschränkung ist nach dieser Judikatur nur dann verhältnismäßig, wenn eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Gefahrenprognose der Versammlungsbehörde ergibt, dass die Formulierung in strafbarer Weise verwendet werden wird. Davon sei in dem konkret entschiedenen Fall, geplant auf dem Goetheplatz in München, nicht auszugehen.

Selbstverständlich stößt diese Judikatur auf Kritik. Der Zentralrat der Juden hat die Entscheidung wie folgt kommentiert: »Der Schlachtruf der Hamas bedeutet die Auslöschung Israels und die Vertreibung und Vernichtung der dort lebenden Juden. Daraus macht die Hamas schon in ihrer Charta keinen Hehl.«

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH Mannheim) hatte nur wenige Tage zuvor mit Beschluss vom 26.06.2024 (14 S 956/24) entschieden, dass eine Verfügung einer nordbadischen Gemeinde, mit der die Verwendung dieser Parole bei einer Veranstaltung untersagt wurde, rechtmäßig ist. Dabei hat dieses Gericht argumentiert, die Verwendung der Parole verstoße gegen § 86a Abs. 1 StGB, da damit Kennzeichen der verbotenen Vereinigung HAMAS verwendet werden und die Gefahrenprognose dahingehend ausfallen hat können, dass es voraussichtlich zur Verwendung der Parole während der Versammlung kommen wird.

Zuletzt ist das LG Mannheim in einem Strafbefehlsverfahren mit Beschluss vom 29.05.2024 (5 Qs 42/23) allerdings davon ausgegangen, dass die Verwendung der Parole nicht strafbar ist.

Abschließende obergerichtliche Rechtsprechung zu diesen versammlungs- und strafrechtlichen Fragen steht aus, die genannten Beschlüsse der Verwaltungsgerichtshöfe erfolgten im Eilverfahren (vorläufiger Rechtsschutz).

Unser Fachanwalt für Verwaltungsrecht Heiko MELCHER wird Sie and dieser Stelle weiter informiert halten.

(Die aktuellste Entscheidung des BayVGH kann hier nachgelesen werden)