Rechtsanwalt Kanzlei Schnepper Melcher in Freiburg

BGH: Erwerb von Miteigentum an einem vermieteten Grundstück nicht nur rechtlich vorteilhaft für einen Minderjährigen

Nach § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB sind die Eltern kraft Gesetzes von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, wenn ein Ausschlussgrund nach § 1795 BGB vorliegt. Mit dieser Regelung, die eine Ergänzung zu § 181 BGB (Selbstkontrahierungsverbot) darstellt, will der Gesetzgeber das Kind davor schützen, dass seine Eltern bei der Verwaltung des ihrer Fürsorge anvertrauten Vermögens eigenen Vermögensinteressen oder solchen ihnen nahestehender Personen den Vorrang vor den Interessen des Kindes einräumen. Verhindert werden soll eine mögliche Gefährdung der Kindesinteressen.

Das Verbot des Selbstkontrahierens kommt allerdings dann nicht zum Tragen, wenn trotz der Personenidentität kein Interessenkonflikt besteht. Diese Voraussetzungen liegen dann vor, wenn eine Gefährdung der Kindesinteressen von der Natur des Rechtsgeschäfts her nicht besteht, weil dieses dem Kind lediglich einen rechtlichen Vorteil verschafft. Der Abschluss eines Schenkungsvertrags der Eltern mit ihrem minderjährigen Kind unterfällt danach nicht dem Vertretungsverbot, wenn er lediglich rechtlich vorteilhaft ist, was der Bundesgerichtshof (BGH) bereits in den 70er-Jahren entschieden hatte.

Der BGH hat aktuell in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung vom 28.04.2022 (Az. V ZB 21) entschieden, dass der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück durch einen Minderjährigen gemäß § 566 BGB zu dessen Eintritt in den Mietvertrag auf Vermieterseite führt und aus diesem Grund für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Er wird hierbei vielmehr mit Verpflichtungen belastet, für die sowohl dinglich mit der erworbenen Sache, als auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet. Eine solch persönliche Haftung ist mit dem Erwerb eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks stets verbunden. Dies gilt auch für den Fall, dass der Veräußerer den Miteigentumsanteil zuvor von dem Alleineigentümer des Grundstücks erworben hat, da bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück durch den bisherigen Alleineigentümer der Erwerber gemäß § 566 BGB ebenfalls neben diesem in den Vertrag auf Vermieterseite eintritt.

Der Beschluss des BGH vom 28.04.2022 kann hier nachgelesen werden.